Gefährdung Straßenverkehr, Fahrereignung, Alter, Fahrpraxis: OLG Hamm, Beschluss vom 11.04.2019 -3 RVs 16/19-

Zwar wird von einem Kraftfahrer verlangt, sich stets zu vergewissern, ob er nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten imstande ist, den Erfordernissen des Straßenverkehrs zu genügen. Es besteht indes kein Erfahrungssatz des Inhalts, ein Kraftfahrer sei jederzeit zu dieser Selbstprüfung und dazu in der Lage, eigene Fehler und gegebenenfalls seine eigene Fahruntüchtigkeit zu erkennen. Setzt ein Kraftfahrer die Fahrt trotz wiederholten Geratens in den Gegenverkehr, zweier Beinah-Unfälle und einer Kollision fort, verlangt er im weiteren Verlauf den Zündschlüssel zurück und ist er nicht in der Lage, eine polizeiliche Belehrung zu verstehen, liegt die Frage nahe, ob mit seinem Zustand eine Minderung der Fähigkeit zur Selbstbeobachtung und Selbstkritik verbunden war, die einer zutreffenden Einschätzung der eigenen Verkehrstüchtigkeit im Wege stand. Allein aufgrund seines Alters muss ein zum Tatzeitpunkt 79jähriger Kraftfahrer, der sich bislang beanstandungsfrei im Straßenverkehr geführt hat, noch keine durchgreifenden Bedenken gegen seine Fahrereignung haben. Für diese Frage kann auch von Bedeutung sein, wie groß seine Fahrpraxis überhaupt noch war und welche Fahrstrecken mit welcher Verkehrsdichte er noch zurückzulegen pflegte.